Wandern im Sunshine State

Auf diesem Trail gibt es Zypressensümpfe, Alligatoren, Wirbelstürme, subtropisches Klima, Monsunregen, Seekühe, Sumpfboote, Pelikane, Flamingos, Salzmarschen und kristallblaue Süßwasserquellen. Florida weist eine der längsten Küsten der USA auf. Der Florida Trail verläuft erst in süd-nördlicher, dann in west-östlicher Richtung, vom Big Cypress National Preserve nördlich der Everglades bis östlich von Pensacola, nahe der Grenze zu Alabama. Fast seine gesamte Süd-Nord-Route führt durch Binnenland. Die West-Ost-Route berührt zweimal den Golf von Mexiko und verläuft im Übrigen fernab der Küste.

 

 

Wenn die Leute Florida hören, denken sie an Strände, Palmen, Hochhäuser, Wirbelstürme und Baywatch. Florida ist der einzige subtropische Bundesstaat der USA mit Korallenriffen, Meeresschildkröten, Pelikanen, seltenen Orchideen, allgegenwärtigen Palmettopalmen sowie unzähligen Alligatoren, deren Schnauzen aus den Zypressensümpfen ragen. Florida umfasst über 80 unterschiedliche Lebensräume, von weißen Sandstränden am Golf von Mexiko bis zu Zypressensümpfen, von Süßwasserquellen bis zu Wäldern, in denen auch Bären leben.

 

Der Florida Trail bahnt sich seinen Weg mitten durch diesen Bundesstaat. Verglichen mit den anderen Fernwanderwegen, ist der Florida Trail etwas absolut Exotisches. Hitze und subtropisches Klima bringen einerseits einen gewissen Luxus mit sich: keinen Schnee, der bei den Planungen berücksichtigt werden muss, keine zusätzlichen den Rucksack füllenden Fleeceschichten und Daunenjacken. Dafür ist ein Preis zu zahlen, an den sich erfahrene Floridawanderer selbstverständlich längst gewöhnt haben: Sie können es nicht lassen, Neulingen den rauen Veteranen vorzuspielen, und erzählen völlig unbeeindruckt vom Alligator, der sie beim Aufbauen des Zeltes vom Fluss aus beobachtet, vom Matsch, der ihnen die Stiefel von den Füßen zieht, oder von der Wassermokassinotter, die so lange unsichtbar bleibt, bis man fast auf sie tritt.

 

Das Merkwürdigste am Florida Trail ist jedoch, dass Höhenunterschiede fehlen. Auf allen anderen Fernwanderwegen sind Veränderungen von Landschaften und Ökosystemen durch Gewinn und Verlust an Höhenmetern körperlich wahrnehmbar. Woanders bemerkt man beim Wandern bergauf, dass sich die Zusammensetzung des Waldes ändert, der Frühling später, der Herbst früher beginnt. Ein Gebirgsweg kann einen Wanderer auf einem Anstieg von 1000 Metern vom Sommer in den Winter führen. Nicht so in Florida, wo der höchste Punkt rund 100 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Fehlende Höhenunterschiede sind der Grund warum sich so gut wie überall das Wasser ansammelt. Diese Landschaft ist, gelinde gesagt, dem Wandern nicht sehr zuträglich, weshalb es bis in die 1960er-Jahre in Florida nur wenige Wanderwege gab.

 

Tatsächlich hat der Florida Trail seine Entstehung dem Fehlen von Wanderwegen im Bundesstaat zu verdanken. Ganz im Gegensatz zum Appalachian, Pacific Crest und Continental Divide Trail, die alle durch Gebiete führen, die geradezu einen Überfluss an Wanderwegen verzeichnen. Florida weicht in mehreren Aspekten besonders vom Durchschnitt ab: Neben den üblichen Problemen war bei der Schaffung des Trails zum Beispiel die Bändigung von Unterholz zu bewältigen, in dem sich gelegentlich Alligatoren, Bären oder Pumas verstecken.

 

Florida Trail

 

Eine 1960 durchgeführte Umfrage hatte ergeben, dass Spazierengehen an zweiter Stelle unter den beliebtesten Freizeitaktivitäten stand. Im Februar 1965 forderte Präsident Lyndon Johnson in seiner „Natural Beauty“-Botschaft zur Entwicklung und zum Schutz eines Wanderwegenetzes auf.

 

Ideal war Johnson zufolge ein System, das sowohl dem Bedarf der Metropolregionen an Spazier-, Rad- und Reitwegen gerecht wurde, als auch Wanderwege in abgelegenen Gebieten vorsah, für die er den großen Appalachian Trail als Vorbild sah. Dieses Wegenetz sollte durch die Regierungen der Bundesstaaten, lokale Behörden und Privatpersonen gemeinschaftlich verwaltet werden.

 

Drei Jahre später wurde ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. Der Florida Trail, damals nur wenig mehr als eine Idee, gehörte ursprünglich nicht zu den 14 Kandidaten für die Aufnahme in das zu schaffende nationale Wander-Wegesystem, dem National Scenic Trail System. Freiwillige griffen den Vorschlag jedoch auf und so kam es, dass der Florida Trail 1983 zum National Scenic Trail System hinzugefügt werden konnte.

 

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